Freitag, 18. April 2014

Kapitel 5

Nach einiger Zeit verstärkte sich das Brennen in Harnröhre und Blase. Mir kam der Gedanke, dass das vielleicht an einem Zuviel an Natron lag. Ich reduzierte also die Einnahme, bis ich es nach einigen Tagen gänzlich einstellte. Und tatsächlich, das Brennen ließ nach. Ob das Eine mit dem Anderen zu tun hatte, wusste ich nicht.

Bald darauf stieß ich im Internet auf ein Forum für Blasenkrebs. Diese Online-Selbsthilfegruppe hilft Betroffenen und deren Angehörigen, mit ihrer Erkrankung besser fertig zu werden. Ich fand das interessant und meldete mich umgehend an. Dann fragte ich an, ob ich meine Geschichte einer alternativen Heilung einstellen dürfe. Da die Antworten trotz aller Skepsis positiv waren, schrieb ich also einen Beitrag, wie ich bisher mit dem Tumor umgegangen war. Und dann kam ein Echo, das ich in dieser Härte nicht erwartet hatte.

Die Mitglieder konnten nicht begreifen, dass ich keine transurethrale Resektion machen ließ. Sie sagten, dass ich erst danach wissen würde, wie es wirklich um meine Blase stand. Dass ich mir einfach nichts aus meinem Körper herausschneiden lassen wollte, brachte mich in den Verdacht, Mitglied der Scientology Kirche zu sein. Ein Forenmitglied schlug mir daraufhin vor, mich auf meinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Ein Mann schrieb, dass es andere Möglichkeiten gäbe, seinem Leben ein Ende zu setzen. Er sei froh, sich operiert haben zu lassen und prophezeite mir einen qualvollen Tod. Eine andere Person schrieb, dass eine Kugel in den Kopf wesentlich effizienter wäre, als Russisch Roulette zu spielen.


Schließlich wurde der Vorschlag diskutiert, ob mein Beitrag überhaupt in dieses seriöse Forum hineingehöre. Der Moderator des Forums beendete die Diskussion, indem er „hocherfreut“ feststellte, wie immunisiert die Mitglieder gegen mein „Gedankengut“ seien. Er schrieb, dass alle Mitglieder ganz genau wüssten, dass Zinnkraut, Natron, Himbeeren, Ernährungsprogramme und Schamanenpülverchen absolut nicht gegen den Krebs wirken. In Anbetracht der Tatsache, dass ein solcher Schwachsinn und Irrweg nicht weiter angepriesen werden dürfe, hatte er beschlossen, meine Seite zu schließen.

Mir wurde übel. Ich fühlte mich allein gelassen und hilflos. Mein Magen fühlte sich an, als hätte ich einen Tiefschlag erhalten. In meiner Verzweiflung schrie ich innerlich immer wieder: „Ja ja, ich lasse mich sofort operieren!“ Doch gleichzeitig nahm ich diesen unseligen Zustand an und fühlte mich so lange in ihn hinein, bis er sich aufgelöst hatte. Danach war ich wieder gelöst und entspannt. 

Ich kam auf die Idee, die enorme Kraft des Geistes zu nutzen. In meiner Vorstellung pinselte ich Blase, Harnleiter und Harnröhre mit einer weißen Substanz ein. Als alle Innenflächen weiß glänzten, stellte ich mir folgende chemische Reaktion vor: In meiner Blase begann es zu brausen und zu zischen und Dämpfe stiegen auf. Nach einer Weile ebbte das Geschehen ab und das Bindegewebe von Blase und Harngängen blieb makellos weiß. Immer wieder in den nächsten Wochen wiederholte ich diesen Vorgang. Das Brennen in der Harnröhre reduzierte sich wieder.

Eine Zeitlang suchte ich im Internet nach Menschen, die sich ebenfalls gegen eine Operation entschieden hatten. Doch es schien niemanden zu geben, der es gewagt hätte, seinen Tumor auf eigene Faust zu behandeln. Die meisten Tagebücher, die diesbezüglich im Internet veröffentlicht wurden, bezogen sich immer auf postoperative Heilungsprozesse.


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